Grand Jeté
Nadjas Körper ist kaputt. Die Zehen bluten, dazu Ekzeme am Hals, die aussehen wie Blutergüsse. Die harte Arbeit als Ballerina macht sich bemerkbar. Nadja unterrichtet als Tanzlehrerin junge Mädchen. Als sie selbst noch jung war, bekam sie einen Sohn. Den gab sie damals bei ihrer Mutter ab. Der Sohn heißt Mario. Mario trainiert seinen Körper jeden Tag im Fitnessstudio. Er hat seine Mutter sehr lange nicht gesehen. Nadja hat keine Ahnung von Muttergefühlen, heißt es einmal. Dann steht sie irgendwann wieder vor der Tür. Interessiert sich für ihren Sohn. Sieht seinen Körper, will ihn anfassen. Fasst ihn an. Immer öfter. Grenzen gibt es in Isabelle Stevers neuem Film nicht. Tabus auch nicht. Wertungen auch nicht. Nur eine Mutter und einen Sohn, die sich einander körperlich immer stärker annähern. Sarah Nevada Grether und Emil von Schönfels trauen sich, was von wenigen Schauspieler*innen verlangt wird. Was selten gezeigt wird. Im Halbdunkel, in der Unschärfe, von oben und von hinten fängt die Kamera ihre Körper ein. Findet eine Bildsprache, deren Semantik verstört. Alles hier ist kompromisslos und radikal. Alles ist eine Ausnahme. Am Ende bleibt der Körper einer Mutter.
Deutschland 2022